Zum diesjährigen Geburtstag haben wir einige alte Bekannte, StammgästInnen und FreundInnen gebeten, ihre Gedanken und Erfahrungen aus 5 Jahren /slash niederzuschreiben. Damit euch die Zeit bis zum Start der 5. Festivalausgabe nicht allzu lang wird, veröffentlichen wir hier einige dieser Texte.
Heute: Maynard Morrissey
So manch Freund, Familienangehöriger oder Arbeitskollege hat mich mehr als blöd angeschaut, als ich 2011 halb groß-, halb kleinspurig bekannt gab, daß ich meinen Urlaub diesmal 10 Tage lang in einem alten Kino im 5. Wiener Bezirk verbringen würde. Himmel, nicht mal ich war mir ganz sicher, was ich da eigentlich vorhatte. Ich, kleiner Steirer, ganz allein im großen Wien um mir ca. 3 Dutzend Horrorschinken reinzuziehen? Tut man das? Gehört sich das? Ist das noch normal?
Nun, ein paar Jährchen später kann ich mit Fug und Recht behaupten: ja, so was tut man, so was gehört sich, und so was ist nicht nur normal, sondern auch ganz und gar befriedigend, erhellend und umwerfend. Durch meine Besuche am /slash, und all seinen Spin-Offs (/slashing europe, /slash einhalb und wie sie alle heißen), bin ich nicht nur filmisch an Erfahrungen reicher geworden, in gewisser Weise hat es mich auch persönlich verändert, besonders in Bezug auf das Genießen von OV-Fassungen, eine überaus massive Verbesserung meiner Englisch-Kenntnisse und eines als beinah irrsinnig zu bezeichnenden Wettbewerbsgedanken der einen quasi „zwingt“, so viele Filme wie möglich anzusehen, und das auch noch wenn möglich munter und bei halbwegs vollem Bewusstsein. 30 Filme hab ich 2011 geschafft, 2012 waren’s schon 39 und bei der 2013er Ausgabe waren’s sage und schreibe 44 – wobei ich dann am letzten Tag sooo dermaßen fix und fertig war, dass ich dann nur mehr eines wollte: schlafen, schlafen, schlafen.
Durch meine Festivalbesuche hab ich aber auch noch etwas weit Unerwarteteres, aber viel, viel wichtigeres erhalten: Freunde. Damit hab ich ja ursprünglich überhaupt nicht gerechnet – ich wollte ja eigentlich nur ein paar Filmchen anschauen, aber spätestens als mich 2011 am 3. Tag eine getigerte, dauerschwafelnde und höchst sympathische Blondine in ein Gespräch über japanische Zebramännchen verwickelt hatte, war ich verloren, und schon im Jahr darauf entstand eine ganze Schar aus Nerd/Geek-Kumpels und Kumpelinnen, die ich inzwischen allesamt als meine Freunde bezeichnen kann. Das ich dazu sogar einige der veranstaltenden Personen zähle… naja, damit kann man zumindest bei Außenstehenden gut angeben: „Hey, ich kenn den Chef vom /slash. Darf ich dich anschmusen?“ Äh… oder so ;-)
Zurück zum Thema: das /slash ist ein einzigartiges Festival, das mich mit seiner sensationellen Herzlichkeit in den Bann gezogen und mich noch immer nicht losgelassen hat. Es lebt von einer ausgesprochen sympathischen Liebenswürdigkeit, die aus einer unprofessionell-professionellen Atmosphäre heraus entsteht, in Verbindung mit einer erfrischenden Naivität die tatsächlich was von Teenie-Schwärmerei hat. Gäste sind hier nicht nur Gäste, sie sind lebendige Bravo-Starschnitte, die vergöttert und angehimmelt werden. Das Programmheft ist für den gemeinen Festivalbesucher so was wie das schlaue Buch für Tick, Trick und Track. Die überall herumliegenden Sportgummi-Sackerl gelten als Begrüßungsgeschenke und Grundnahrungsmittel zugleich. Die Suche nach dem richtigen Sitzplatz gleicht einer amüsanten Schnitzeljagd etc. etc. Vom /slash kann man also nicht nur etwas Lernen, nein, das /slash ist auch eine Art cineastischer Rummelplatz wo vieles erlaubt und jeder willkommen ist.
Es ist selbstverständlich eine Tragödie, dass es manche Förderstellen noch immer nicht richtig finden, eine Veranstaltung wie das /slash zu fördern bzw. dass man im 5. Jahr seines Bestehens immer noch diskutieren muss, warum es eigentlich so schwierig ist, ein Festival des fantastischen Films auf die Beine zu stellen, noch dazu eines, das so dermaßen tolerant, offen und unabhängig ist.
Hier geht ja auch keiner hin um sich einfach nur berieseln zu lassen. Hier geht’s um Entertainment und Experience, um Geekyness und Nerd-Spinnereien. Hier geht’s um Horror, um Fantasy, um Science Fiction. Hier geht’s um Arthouse genauso wie um Low Budget Trash. Hier geht’s um aussagekräftige Meisterwerke genauso wie um belämmerten Blut-und-Beuschel Blödsinn. Darf’s dazwischen auch mal ein Drama oder ein Actionfilm sein? Bitte sehr, bitte gern. Kommen Sie herein. Treten Sie näher. Fühlen Sie sich wie zu Hause.
Das /slash mag bisweilen noch immer ausgegrenzt werden, jedoch: das /slash selbst grenzt nichts und niemanden aus – und genau deshalb ist es so wichtig. Und genau deshalb werde ich auch meinen nächsten Urlaub in dem alten Kino im 5. Bezirk verbringen. Was sein muss, muss eben sein :-)
Maynard Morrissey
…beschäftigt sich auch abseits des /slash mit Genre-Filmen, wie man auf www.horrormoviediary.net nachlesen kann. Lloyd Kaufman bezeichnete ihn auf Twitter als „a fine writer and a wise writer“, was Maynard verständlicherweise sehr freut.